Ergebnisse des Dieselgipfels Die Autoindustrie legt nicht nach

Bärbel Krauß und Roland Pichler 
In einem Konferenzraum des Innenministeriums trafen sich Autohersteller und Politiker.Getty Images Europe

Wochenlang ist der Dieselgipfel vorbereitet worden. Forderungen und Erwartungen haben sich im Vorfeld überschlagen. Jetzt haben Politik und Industrie einen Minimalkonsens gefunden. Wie sieht das Einigungspaket im Detail aus?

Berlin - Der Dieselgipfel in Berlin hat viel länger gedauert als geplant. Mehrfach verschiebt sich am Mittwoch die Pressekonferenz, auf der Automanager und Politiker über die Ergebnisse berichten wollen. Das zeigt, wie schwierig die Gespräche sind. Herausgekommen ist immerhin ein Minimalkonsens.

Was müssen die Autobauer nun liefern?

Die deutschen Autohersteller haben auf dem Dieselgipfel in Berlin zugesagt, insgesamt 5,3 Millionen Dieselautos mit den Abgasgrenzwerten Euro 5 und Euro 6 freiwillig nachzurüsten. Die Zahl hat allerdings einen Schönheitsfehler. Denn darin enthalten sind die rund 2,5 Millionen Diesel aus dem Volkswagen-Konzern, die nach Bekanntwerden des Dieselskandals auf Druck der Behörden zurückgerufen werden müssen und ein Software-Update erhalten. Immerhin werden also 2,8 Millionen Autos zusätzlich angepasst. Nach Angaben des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA) soll ein Großteil der Euro-5-Diesel und ein kleiner Teil der Euro-6-Diesel umgerüstet werden. Bei Euro 6 handelt es sich um den neuesten Standard. Nach VDA-Angaben fahren knapp sieben Millionen Fahrzeuge deutscher Konzernmarken mit Euro-5- und Euro-6-Norm auf den Straßen. Zum Software-Update verpflichten sich nur die deutschen Hersteller.

Wie stark wird die Abgasminderung tatsächlich sein?

Die Stickoxid-Belastung dieser Fahrzeuge wird mit dem Aufspielen der Software nach VDA-Angaben um 25 bis 30 Prozent reduziert. Das ist technisch eine erhebliche Verbesserung, die Anstrengungen bleiben dennoch deutlich hinter den politischen Erwartungen zurück. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte direkt nach dem Spitzentreffen, es sei vereinbart worden, dass der Ausstoß der Stickoxide um durchschnittlich 30 Prozent vermindert werden muss. Um das zu erreichen, müssten sich die Hersteller noch mehr anstrengen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte, dass mit der Umrüstung in den nächsten Monaten begonnen werden soll. Bis 2018 sollen alle Fahrzeuge angepasst sein.

Welche Hersteller bieten das Software-Update?

An der Software-Nachrüstung beteiligen sich die Autokonzerne BMW, Daimler, Opel und Volkswagen. VW hat 3,8 Millionen Fahrzeuge für die Nachrüstung angemeldet, Daimler rund eine Million Wagen und BMW 300 000 Autos. Ford beteiligt sich demnach nicht. Auch die ausländischen Importeure sind bisher nicht dabei. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach von einem ordentlichen Ergebnis. Er kritisierte aber, dass sich der Verband der ausländischen Importeure nicht beteiligt. Das sei bei dem nennenswerten Marktanteil der Importmarken nicht hinnehmbar. Hendricks betonte, die Kosten für die Nachrüstung müssten vollständig von den Autofirmen getragen werden. Die Industrie verpflichtet sich auch dazu, dass die Nachrüstung keinen Einfluss auf die Motorleistung, den Verbrauch des Fahrzeugs und die Lebensdauer haben wird. Der Verkehrsminister zeigte sich zuversichtlich, dass mit den Maßnahmen die Schadstoffemissionen rasch reduziert werden können, die Gesundheit der Bürgergeschützt und Fahrverbote vermieden werden.

Freiwillige Umstiegsprämien

Kommen die Kaufprämien für ältere Diesel?

Ein staatliches Programm mit Kaufanreizen wird es nicht geben. Gleichwohl wollen Industrie und Politik erreichen, dass etwa Dieselfahrzeuge, die zehn Jahre und älter sind, nicht mehr lange im Verkehr bleiben. Bund, Länder und Industrie verständigten sich darauf, dass die Hersteller Umstiegsprämien auf freiwilliger Basis auflegen. Die Hersteller sollen Kaufanreize anbieten, wenn sich Fahrzeugbesitzer mit einem älteren Diesel für einen Neuwagen entscheiden. BMW bietet Kunden mit einem Diesel Euro 4 oder älter beim Kauf eines Neuwagens eine „Umweltprämie“ von bis zu 2000 Euro an. Die Aktion soll noch im August beginnen und bis Jahresende dauern, so BMW. Die Prämie werde nicht mit staatlichen Kaufanreizen wie etwa dem Umweltbonus beim Kauf eines Elektroautos verrechnet und werde modellabhängig gewährt. Daimler bietet Besitzern von Autos der Euro-Norm 4 je nach Fahrzeug einen „vierstelligen“ Bonus an.

Welche weiteren Maßnahmen sind für saubere Luft geplant?

Die Bundesregierung will einen Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ auflegen. Daran wollen sich BMW, Daimler und Volkswagen finanziell beteiligen. Der Fonds soll mit 500 Millionen Euro ausgestattet werden. Davon stellt der Bund 250 Millionen Euro zur Verfügung. Den Rest sollen die Hersteller beisteuern. Die Politik mahnte auch die ausländischen Hersteller an mitzumachen. So soll etwa der Verkehr in den Innenstädten verflüssigt werden, indem Ampelschaltungen besser aufeinander abgestimmt werden. Zudem kündigte Dobrindt an, dass weitere Gelder zur Verfügung gestellt werden, um Busse, Taxen und kommunale Flotten schneller zu erneuern. Dafür sollen 250 Millionen Euro ausgegeben werden. Mehr Geld soll auch für die Verbesserung der Infrastruktur in Städten ausgegeben werden. Das bestehende Förderprogramm soll von 125 Millionen auf 200 Millionen Euro aufgestockt werden.

Wie bewerten Politik und Autoindustrie das Treffen?

Die Autohersteller bekennen sich dazu, dass sie in der Vergangenheit beim Thema Diesel einiges falsch gemacht haben. „Die Automobilindustrie ist sich bewusst, dass sie erheblich an Vertrauen verloren hat. Wir müssen und werden daran arbeiten, dieses Vertrauen wiederzugewinnen“, heißt es in einer Erklärung des VDA. Dobrindt mahnte eine „neue Verantwortungskultur“ der Industrie an.