Die MHP Riesen Ludwigsburg stehen vor entscheidenden Wochen. Der Basketball-Bundesligist spielt am Freitag (17.30 Uhr) in Athen um den Einzug ins Champions-League-Finale, danach geht es nahtlos mit den Play-offs weiter.
Ludwigsburg - Der Basketball-Bundesligist MHP Riesen Ludwigsburg macht seinem Namen alle Ehre – und spielt eine Riesen-Saison. Vater des Erfolgs ist Trainer John Patrick, dessen Team an diesem Freitag (17.30 Uhr) im Final Four der Champions League in Athen auf AS Monaco trifft.
Herr Patrick, die Mannschaft und Sie haben zwei große Aufgaben vor sich. Welchen Titel würden Sie lieber nehmen: den in der Champions League oder in der Meisterschaft?
Es ist immer etwas besonderes, einen internationalen Titel zu holen, aber es ist auch eine ungewöhnliche Chance, die Play-offs in der BBL zu gewinnen. Was aber noch schwieriger ist, weil es mehr Spiele sind, in denen man seine Leistung bringen muss. Erst recht für ein Low-Budget-Team wie uns. Natürlich nehmen wir jeden Titel, wenn möglich. Aber wird haben die ganze Saison gesagt: das nächste Spiel ist das wichtigste, auch wenn das keine Schlagzeile wert ist. Deswegen werden wir versuchen, erst mal gegen Monaco zu gewinnen.
Wo liegt denn das Erfolgsgeheimnis der MHP Riesen?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Spieler fühlen sich hier zu Hause, in der Stadt, in der Arena – das ist ganz wichtig. Außerdem passen die Spieler zu unserem Stil, mit unserem Pressing über das ganze Feld, was nicht einfach ist, das liegt nicht jedem. Und wir scouten unsere Gegner. Mein Assistent Joey Cantens macht einen Superjob. Wir haben ein besonderes System, wie wir die anderen Mannschaften analysieren.
Und wie?
Wir geben kein Papier raus, wie es andere Teams machen. Wir machen vieles per Video und auch unser Training ist nicht standardisiert. Die Spieler können frei agieren, und müssen sich nicht ständig an Vorgaben erinnern. Unsere Strategie ist für jeden Gegner anders ausgerichtet. Aber – wir haben bisher nichts erreicht. Der Tisch ist gedeckt. Bis zum Abendessen wollen wir gut vorbereitet sein, so dass wir uns in Athen von unserer besten Seite zeigen können.
Sie bestreiten in Athen das 60. Pflichtspiel der Saison, ist das ein Handicap?
Wir hatten in der Liga zuletzt in fünf Tagen drei Spiele zu absolvieren, unser Gegner Monaco in Frankreich nur ein Spiel in zwei Wochen. Das ist schon ein Nachteil, da sollte sich die BBL künftig was überlegen – aber es soll keine Ausrede sein.
Nächste Saison droht wieder Umbruch
Wie findet man denn immer wieder neue Spieler, die ins Team passen?
Von Etat her sind wir begrenzt. Jeder Spieler, der hier groß aufspielt, wird wahrscheinlich nicht zu halten sein. Wir sind bekannt als Sprungbrett für eine Karriere, wie bei Royce O’Neale oder Jack Cooley (die den Weg in die NBA geschafft haben, d. Red.), das ist aber vollkommen in Ordnung. Die Spieler wissen, dass wir hier einen ehrgeizigen Trainerstab und Verein haben. Geld ist also nicht der Grund, warum sie hierher kommen. Deshalb werden wir auch nächste Saison wahrscheinlich wieder eine neue Mannschaft haben.
Haben Sie nicht die Sorge, dass auch mal ein Knick kommt?
Als Coach sieht man immer mit einem Auge, was falsch laufen könnte. Man muss realistisch sein und sogar ein bisschen pessimistisch, aber nicht paranoid. Ich bin seit 20 Jahren im Trainergeschäft. Wie in jeder Sportart kann viel passieren, auch Verletzungen – wie jetzt bei
Justin Sears, das ist bitter. Aber ich glaube, 90 Prozent hat mit Einstellung und Arbeit zu tun. Deswegen bin ich sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir haben keine Angst vor Konflikten oder Spielerwechseln.
Was macht den Reiz der Bundesliga aus?
Zunächst einmal, ist das eine Topliga. Dann fühlt sich meine Familie sehr wohl hier. Deutschland ist ein schönes Land – ich weiß gar nicht, ob es überhaupt ein besseres gibt. Hier gibt es Frieden und eine sehr offene Gesellschaft, das ist auch optimal für Spieler aus verschiedenen Ländern. Ich habe Angebote gehabt aus China, Russland, war lange in Japan, aber ich fühle mich heimisch hier.
Die Überlegung in die USA zurückzugehen gibt es also nicht?
Für andere vielleicht, für mich nicht. Es gibt privat keine Grund, Deutschland zu verlassen; und es gibt sportlich keinen Grund, Ludwigsburg zu verlassen.
Deutschland bietet mehr Sicherheit als die USA
Was ist denn besser als in den USA?
Das ist immer eine Geschmackssache. Aber die ganzen Waffenangelegenheiten in den USA sind nicht schön. Ich spreche oft mit anderen Amerikanern, und egal ob sie konservativ oder liberal sind, in einem Punkt sind wir uns einig: es ist kein beruhigendes Gefühl für die Sicherheit, wenn man weiß, dass jeder eine Waffe tragen kann.
Sie haben in Japan gelebt – was nimmt man von dort mit?
Ich wollte etwas mit Basketball machen, etwas Neues erleben, die Sprache lernen. Ich dachte, dass ich sechs Monate bleiben werde – dann wurden es fast 13 Jahre. Ich haben meine Frau dort kennengelernt, die hat Japanologie studiert. Es ist ein wirklich schönes Land, ich kann jedem empfehlen mal hinzugehen, nicht nur wegen der Kirschbaumblüte und dem Essen. Die Menschen dort sind sehr respektvoll im Umgang miteinander.
Sie sprechen sehr gut deutsch.
Das würde ich nicht sagen. . .
Wie wichtig ist das für den Alltag?
Wenn man in seiner Gesellschaft lebt, ist es einfach wichtig. Wenn man die Sprache nicht spricht, ist man fremd und fühlt sich fremd. Ich habe auch in Polen und Tschechien gewohnt, und versucht, so schnell wie möglich integriert zu werden. Nur in Frankreich waren sie nicht so begeistert von meinen Sprachversuchen. Ich komme aus Washington DC, einem Staat mit vielen Nationalitäten. Ich war als Kind glücklich, äthiopisch oder iranisch essen und verschiedene Sprachen hören zu können. Das war immer sehr geheimnisvoll. Meine erste Aufgabe, als ich 1999 nach Göttingen kam um meine Frau zu besuchen, war, einen Deutsch-Kurs zu machen.
Kinder helfen im Verein mit
Was kann man von diesen Multi-Kulti-Einstellungen auf Basketball übertragen?
Wir sprechen oft über Dinge außerhalb des Feldes, damit die Spieler merken und lernen, es gibt kulturelle Unterschiede wie Müll trennen oder die Fenster nach dem Duschen zu öffnen, damit sich kein Schimmel bildet. Das sind normale Dinge, die in den USA aber nicht üblich sind. Es ist wichtig zu merken, dass es hier einen anderen Hintergrund gibt.
Sie haben fünf Kinder, die zum Teil auch im Verein helfen. Warum?
Mein Sohn Julian ist jetzt unser Teammanager, weil wir Hilfe gebraucht haben. Er ist sehr jung und begeistert von Basketball, spielt selbst und macht Schiedsrichter.
Und wenn die Riesen die Champions League gewinnen, gibt es einen Vertrag auf Lebenszeit?
Das würde ich nicht sagen. Das Sportgeschäft ist hart. Man kann eine sehr gute Saison spielen, und die nächste kann ganz anders laufen. Es ist wie eine Lotterie, man weiß nie genau, was man kriegt. Aber so bleibt es spannend.