VfB Stuttgart gegen TSG Hoffenheim Weinzierls Devise: bissig statt brav

Gregor Preiß 
Ein bisschen mehr Biss wünscht sich Markus Weinzierl auch von seinen Spielern.Baumann

Was jeder im bisherigen Saisonverlauf sehen konnte, wird auch durch Statistiken belegt: Der VfB Stuttgart tritt zu oft auf wie das Kaninchen vor der Schlange. Trainer Markus Weinzierl gefällt das überhaupt nicht.

Stuttgart - Unter Markus Weinzierl war der FC Augsburg wegen seiner unangenehmen Spielweise berüchtigt. Treten, kratzen, beißen und vor allem: laufen, laufen, laufen, lautete die Devise, mit welcher der Underdog vier Jahre lang der spielerisch oft besseren Konkurrenz eine lange Nase drehte. Nun hat der 43-Jährige im VfB Stuttgart eine Mannschaft übernommen, die bisher so ganz anders agierte. Bieder, behäbig, nicht besonders lauffreudig und schon gar nicht aggressiv. Ein Blick auf die Foul-Tabelle der Bundesliga belegt das. Nur zwei Teams haben den Gegnern bislang weniger wehgetan als die Stuttgarter: die Münchner Bayern und Borussia Dortmund. Die es sich aufgrund ihrer spielerischen Klasse aber auch eher erlauben können, auf Nickligkeiten und taktische Fouls zu verzichten.

Der VfB hängt dagegen im Keller fest. Auch weil es die Gegner bisher gut verstanden haben, das Spiel der Stuttgarter schon im Ansatz zu unterbinden. Nach dem VfL Wolfsburg und dem FC Schalke 04 ist der VfB seinerseits die meistgefoulte Mannschaft. Gepaart mit der Zweikampfstatistik (Platz zwölf im Teamvergleich) lässt dies den Schluss zu: So lammfromm wie bisher darf sich der Tabellen-Vorletzte nicht mehr präsentieren. Schon gar nicht am Samstag (18.30 Uhr) im Auswärtsspiel bei der forschen Angreiftruppe aus Hoffenheim.

Das hat auch Markus Weinzierl erkannt. „Brav zu sein“, sagt der Trainer, „ist generell ganz nett, auf dem Fußballplatz hat es aber nichts zu suchen“. Dort erwartet der Coach „Laufbereitschaft, Aggressivität, und richtiges Zweikampfverhalten“. Wozu auch zählt, das Duell Mann gegen Mann überhaupt erst zu suchen. Und nicht wie beim ersten Gegentreffer von Borussia Dortmund nur Begleitschutz zu bieten. „Wir dürfen in keiner Phase mehr brav agieren“, fordert Weinzierl. Ähnlich äußerte sich Präsident Wolfgang Dietrich in der „Bild“: „Ich erwarte, dass die Mannschaft die Einstellung, die sie gegen Dortmund in der zweiten Halbzeit gezeigt hat, künftig von der ersten Minute an zeigt. Das ist das Mindeste, was man erwarten darf.“

Hier gibt es die Pressekonferenz zum Nachlesen

Nun liegt es an Weinzierl, das Augsburg-Gen seiner neuen Mannschaft einzuimpfen. Er selbst nennt es Grundaggressivität. Einfach ein bisschen robuster und giftiger. Im Training weht bereits ein rauerer Wind. Der soll künftig auch den Gegnern ins Gesicht blasen – von der ersten Minute an. „Es kann nicht sein, dass die Mannschaft erst dann gut spielt, wenn es vorher scheiße gelaufen ist“, spielte Weinzierl auf die zweiten Hälften gegen Dortmund und zuvor gegen Hannover an.

Dreierkette? Viererkette? Für Weinzierl nicht entscheidend

Auf welche Grundordnung er dabei in der Abwehr setzt, ließ Weinzierl am Donnerstag offen. „Ob Dreier- oder Viererkette, ist nicht entscheidend, wenn wir die richtige Einstellung an den Tag legen.“ Die Handlungsempfehlung an seine Abwehrspieler lautet: „Mutig verteidigen, nicht passiv oder tief, dem Gegner aktiv entgegentreten.“ Zu den 17 Gegentoren – bereits fast halb so viele wie in der gesamten vergangenen Saison – sollen am Samstag keine weiteren hinzukommen.

Wozu auch ein Mann beitragen soll, dem seit der gemeinsamen Zeit auf Schalke nicht das beste Verhältnis zu Weinzierl nachgesagt wird: Holger Badstuber. Das wollte der Trainer aber nicht so stehen lassen. „Das stimmt nicht“, sagte Weinzierl, „der Holger ist ein guter Fußballer und ein angenehmer Mensch“. Er fordere Unzufriedenheit von jemandem wie Badstuber geradezu ein, wenn dieser sich mit einem Bank-Platz begnügen müsse.

So könnte es was werden mit einem Erfolg in Hoffenheim

Nach seinem ordentlichen 45-Minuten-Auftritt gegen Dortmund kann sich der 29-Jährigen Hoffnungen auf einen Startelfeinsatz machen. Sofern sich Weinzierl für die Fünferkette entscheidet, denn Timo Baumgartl (als viertbester Zweikämpfer der Liga einer der Lichtblicke) und Benjamin Pavard sind in der Abwehrzentrale weiterhin gesetzt. Die Verteidigungslinie davor bilden wohl Christian Gentner und Santiago Ascacibar. Doch geht es nach Weinzierl, sind auch Personaldiskussionen nur zweitrangig. Es zählen andere Dinge.