Stuttgart. - Die junge, schlanke Frau, die im Dezember Deutschland bei den Miss-Universe-Wahlen vertreten wird, bestellt sich zum Interview eine Cola. Doch auch sonst hat Céline Willers, 25, so manche Überraschung parat.

Frau Willers, Sie haben eine Cola bestellt, keine Diät-Coke. Darf man das als Miss Universe Germany?

Ich habe das Glück, dass ich einen sehr guten Stoffwechsel habe. Ich mache zwar Sport und achte ein bisschen auf die Ernährung. Aber ich esse ganz normal. Bei mir setzt Gott sei Dank nicht so leicht was an.

Was war die am häufigsten gestellte Frage nach Ihrer Wahl zur Miss Universe Germany?

„Wie fühlst du dich nach der Wahl.“

Und was war die häufigste Antwort?

Die kann ich inzwischen auswendig: „Ich habe mich total gefreut. Habe gehofft, dass ich gewinne, es aber nicht erwartet.“

Einst haben Sie beim Online-Sender Stuggi.TV selbst Interviews geführt. Jetzt müssen Sie Fragen beantworten. Wie kommen Sie mit dem Perspektivwechsel klar?

Ich denke, ganz gut. Bei Interviews habe ich immer wieder erfahren, dass manche Gesprächspartner undankbar gegenüber Journalisten sind. Das habe ich nie verstanden: Es ist was doch was Besonderes, interviewt zu werden. Da interessiert sich jemand dafür, was man zu sagen hat. Jetzt kann ich es besser machen.

Sie sind nicht die erste Stuttgarterin, die als Miss Universe antritt.

Ja, hat nicht eine sogar den Titel gewonnen?

Ja, sie heißt Pia Alonzo Wurtzbach und verbrachte die ersten Jahre hier. Sie kandidierte 2015 für die Philippinen – und gewann.

Habe ich gehört. Bei der Präsentation gab es eine Panne: Der Moderator kürte fälschlicherweise zuerst eine Kolumbianerin.

Sie sind gut informiert. Von Pia erschien eine Briefmarke. Wäre das ein Lebensziel?

Hört sich lustig an. Aber nein, an so was hab’ ich noch nicht gedacht.

Auch nicht daran, den Wettbewerb als Sprung für eine Model-Karriere zu nutzen?

Ich habe zwar schon gemodelt, aber nur so zum Spaß. Das wäre nichts für mich. Beim Modeln geht es nur ums Aussehen, man ist letztendlich eine Puppe, die was angezogen bekommt. Bei Miss-Wahlen musst du mehr als Person und als Charakter überzeugen. Abgesehen davon: Mit 1,71 Metern wäre ich für ein Model eh zu klein.

Die Miss-Wahl ist kein Karrieresprungbrett?

Was das Modeln angeht, sicher nicht. Aber als Moderatorin, wer weiß? Da bekomme ich jetzt schon einige Resonanz, und das sehe ich als Chance. Auch was die Bekanntheitssteigerung meines eigenen Interviewformats „ahead“ auf Linked-In angeht.

Wie ist das, wenn man für Deutschland als Miss Universe ins Rennen geht? Fühlt man sich wie eine Ein-Frau-Nationalmannschaft?

Ich würde das nicht ganz so hoch hängen. Das mediale Interesse hält sich bei uns in Grenzen. In Südamerika, den USA oder in Indonesien ist das anders. Aber natürlich bin ich stolz, in Bangkok für Deutschland antreten zu dürfen. Wie ich überhaupt stolz auf unser Land bin.

Was sagen Sie Leuten, die sagen, Miss-Wahlen seien eine Fleischbeschau?

Denen sage ich, dass sie sich nicht damit auseinandergesetzt haben. Außerdem befindet sich die Branche im Wandel. Mehrere Organisationen schaffen den Bikini-Walk ab. Im kommenden Jahr wird es ihn in Deutschland nicht mehr geben. Man hat begriffen: Wenn eine Frau Deutschland vertreten soll, muss die nicht zwangsläufig superschlank sein.

Was ist Ihnen von der Zeit bei Stuggi.TV besonders in Erinnerung?

Das Interview mit Cro. Da war ich schon besonders aufgeregt.

Sie haben ihn ohne Maske gesehen?

Ja, aber es war klar, wenn er die Maske abnimmt, ist keiner so dreist und macht ein Selfie. Ein Interview mit Fabian Hambüchen war auch cool, ein richtig netter Kerl. Das war eine tolle Erfahrung – und ein Türöffner für weitere Interviews.

Sie schreiben Ihre Masterarbeit. Bleibt dafür bei dem Miss-Wahl-Trubel überhaupt Zeit?

Das ist nicht einfach, aber ich liege gut in der Zeit. Die Miss-Wahl ist im Dezember, die Arbeit muss bis Ende November fertig sein.

Darf man das Thema erfahren?

Es geht um die Nutzung von Open Data im Rahmen von Smart-City-Projekten, also darum, das Leben in Städten mit diesen Daten lebenswerter und nachhaltiger zu gestalten.

Was heißt das konkret?

Eine Stadt wie Stuttgart verfügt über unheimlich viele Verwaltungsdaten. Die Stadt weiß aber nicht, wie sie diese Daten nutzen kann, um einen Mehrwert zu generieren. Nehmen wir nur mal den Verkehr. Da gibt es Daten zum Verkehrsfluss, zu Emissionswerte – aber kaum jemand macht was draus. Den Städten fehlt es an Ressourcen wie Know-how und Zeit. Das Ziel ist es, solche Daten zu veröffentlichen, so dass Unternehmen und vor allem Start-ups Dienstleistungen und Produkte daraus entwickeln können.

Sie haben gesagt, als Vorbereitung zur Miss-Wahl müssten Sie einen Schminkkurs belegen. Gibt es da keine Maskenbildnerinnen?

Schon. Aber wir sind drei Wochen in Bangkok. Da werden wir nur bei den wichtigen Veranstaltungen gestylt. Ich beherrsche nur die Basics und staune immer wieder, was andere Mädels da so alles auspacken.

Wie ist die Stimmung zwischen den Mädchen bei Wettbewerben?

Bei der deutschen Miss-Universe-Ausscheidung war sie unter den zehn Kandidatinnen gut. Aber allgemein ist es so: Wenn man 50 Frauen zusammensteckt, gibt es Grüppchen, und es wird gelästert. Das ist kein Misswahlen-, sondern ein Frauenphänomen!

Männer sind da anders?

Schon. Die sind kumpelhafter und weniger intrigengetrieben. Und gönnen sich mehr.

Könnte das damit zu tun haben, dass es in den höheren Etagen für Frauen eng wird?

Nein, das ist nicht mehr der Fall. Unternehmen in Deutschland haben viel getan, es gibt Förderprogramme. Jetzt sind die Frauen am Zug, sich das zu nehmen, was ihnen zusteht. Das Problem ist eher, dass es Frauen oft an Selbstbewusstsein mangelt und sie nicht wissen, wie sie sich richtig verkaufen sollen. Da wäre wohl ein Coaching sinnvoll!